Vor der Saison 1979/1980 war der MTV 1846 Gießen bei der Suche nach Verstärkungen so erfolgreich, dass nicht nur die Mehrzahl der Bundesliga-Konkurrenten den fünfmaligen Deutschen Meister und amtierenden Pokalsieger zum Titelfavoriten erklärten, sondern auch MTV-Trainer Professor Hannes Neumann, seinen Kader "vom Potenzial her sicher als das beste Gießener Aufgebot der letzten acht Jahre"
bezeichnete.
Der Topscorer des Vorjahres, Ted Hundley, gehörte ebenso weiter der Mannschaft an wie Matzi Strauss, Bobby Minor, U Strack oder Hansi Heß, die in den vorangegangenen Spielzeiten wichtige Stützen des Teams gewesen waren. Mit der Verpflichtung des 2,04 m großen Wolfgang Fengler (vorher beim USC Heidelberg und MTV Wolfenbüttel aktiv), den viele auf Grund seiner in den USA erfolgten Ausbildung, seiner Erfahrung und seiner Stärke unter dem gegnerischen wie unter dem eigenen Korb zu den drei besten deutschen Centern zählten, und dem Zugang der 2,07 m großen Center-Hoffnung Burkhard Schröder (kam vom Zweitligisten DTV Charlottenburg-Berlin) wurde das wohl stärkste, mit Sicherheit aber ausgeglichenste Aufgebot der
Gießener Bundesliga-Geschichte zusammengestellt.
Mit der Verpflichtung des "Hünen aus Heidelberg" und des "Brechers aus Berlin" hofften die MTV-Verantwortlichen jenes Manko beseitigt zu haben, das den Gießener Basketball seit Jahren gehandicapt hatte. Zwar stand das Team des MTV 1846 seit der Bundesliga-Gründung immer für einen schnellen, eleganten und technisch anspruchsvoll vorgetragenen Basketball, doch die Größten waren die Gießener in der deutschen Basketball-Landschaft noch nie. In Fengler, Schröder, Hundley und Minor verfügte der MTV jetzt aber über vier Zwei-Meter-Männer. "Wenn wir in der gleichen Besetzung weitergespielt hätten wie im Vorjahr, hätten wir mit Sicherheit den Anschluss an die Spitze verloren", rechtfertigte Neumann damals die nicht gerade billigen Neuverpflichtungen. Gleichzeitig wurde mit Heino Dörr erstmals ein Trainerassistent eingestellt. Mit dem aus dem Leichtathletik-Bereich gekommenen Dörr wurde im Sommer 1979 ein in Gießen noch nie dagewesenes Aufbautraining für
Kraft und Kondition durchgezogen.
Der Verlauf der Hauptrunde zeigte, dass die Gießener auch weiterhin in der deutschen Spitze mitmischten. Schon am zweiten Spieltag feierten die Gießener einen 140:75-Kantersieg gegen die Frankfurter Eintracht. In den 18 Spielen ging man lediglich viermal als Verlierer vom Platz. Wenn die "Neumänner" die Partie beim späteren Hauptrundensieger TuS 04 Leverkusen (32:4 Punkte) nach zweimaliger Verlängerung nicht höchst unglücklich mit 100:104 verloren hätten, wäre für den MTV 1846 (28:8) mehr als Platz drei
hinter dem SSC Göttingen (30:6) drin gewesen.
In der Endrunde wurde dann aber schnell deutlich, dass den Gießenern der ganz große Coup nicht gelingen sollte. Drei Niederlagen aus den ersten vier Spielen führten dazu, dass der Punkterückstand auf die dominierenden Teams aus Göttingen und Leverkusen weiter anwuchs. Nach der 75:89-Niederlage im ersten Endrundenrückrundenspiel in Leverkusen war klar, dass für den MTV nicht mehr als der dritte Platz herausspringen würde. Am Ende gewann der SSC Göttingen mit 48:8 Punkten vor Leverkusen (44:12) und Gießen (38:18) die Meisterschaft. Ein paar Tage später hatte der MTV wie im Vorjahr die Chance, die Saison mit dem deutschen Pokalsieg zu beenden. In den beiden Endspielen traf man auf den Vierten in der Meisterschaft, den BSC Saturn Köln. Das Happy End blieb jedoch aus. Die 62:78-Hinspielniederlage am Rhein erwies sich als zu große Hypothek für das Team von der Lahn. In der Osthalle reichte es nur zu einem
70:68-Erfolg.
Im Europapokal mischte der MTV nicht mit, obwohl er als amtierender deutscher Pokalsieger dafür qualifiziert gewesen wäre. Die Gründe lagen vor allem im wirtschaftlichen Bereich, wo der MTV schon damals härter als die meisten seiner Konkurrenten zu kämpfen hatte (der Gießener Etat lag seinerzeit übrigens bei etwa 200.000 DM), waren aber auch auf beruflicher Ebene zu finden. So hätten weder Trainer Neumann noch Wolfgang Fengler und auch zwei, drei andere Stammspieler nicht zu den Europacupspielen mitfahren können. Neumann als Professor am Gießener Sportinstitut und Fengler, der in Heidelberg wohnte, in Mannheim als Betriebswirt arbeitete und dreimal in der Woche zum Training und einmal zum Spiel zwischen Heidelberg und Gießen hin und her fuhr, konnten es sich nicht leisten, drei
Tage in der Woche in Sachen Europapokal unterwegs zu sein...
(Text teilweise entnommen aus dem Basketball-Magazin)
Bundesliga / Hauptrunde (die ersten Sechs erreichten die Endrunde; Heimspielort: Sporthalle Ost):
13.10. TB Hamburg - MTV 1846 Gießen 66:74 (32:36)
20.10. MTV 1846 Gießen - Eintracht Frankfurt 140:75 (72:43)
27.10. USC Bayreuth - MTV 1846 Gießen 51:71 (22:26)
31.10. BSC Saturn Köln - MTV 1846 Gießen 61:63 (29:39)
03.11. MTV 1846 Gießen - SSC Göttingen 60:74 (34:36)
10.11. MTV 1846 Gießen - MTV Wolfenbüttel 84:56 (38:24)
14.11. USC Heidelberg - MTV 1846 Gießen 60:77 (22:43)
17.11. MTV 1846 Gießen - SSV Hagen 71:70 (36:25), Z.: 2.500
24.11. TuS Leverkusen - MTV 1846 Gießen 104:100 n.V. (90:90/77:77/41:39)
01.12. MTV 1846 Gießen - TB Hamburg 68:59 (35:35), Z.: 1.000
08.12. Eintracht Frankfurt - MTV 1846 Gießen 80:96 (38:48)
16.12. MTV 1846 Gießen - USC Bayreuth 101:76 (57:40), Z.: 700
19.12. MTV 1846 Gießen - BSC Saturn Köln 88:78 (40:41)
22.12. SSC Göttingen - MTV 1846 Gießen 78:71 (43:40)
12.01. MTV Wolfenbüttel - MTV 1846 Gießen 80:74 (37:34)
16.01. MTV 1846 Gießen - USC Heidelberg 72:71 (31:25), Z.: 700
19.01. SSV Hagen - MTV 1846 Gießen 78:97 (40:53)
26.01. MTV 1846 Gießen - TuS Leverkusen 88:78 (43:43), Z.: 2.500
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Abschlusstabelle:
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1 TuS 04 Leverkusen 32:4 Punkte + 281 Körbe
2 SSC Göttingen 30:6 Punkte + 180 Körbe
3 MTV 1846 Gießen 28:8 Punkte + 200 Körbe
4 BSC Saturn Köln 24:12 Punkte + 204 Körbe
5 MTV Wolfenbüttel 16:20 Punkte - 19 Körbe
6 SSV Hagen 16:20 Punkte + 62 Körbe
7 USC Heidelberg 10:26 Punkte - 179 Körbe
8 TB Hamburg 10:26 Punkte - 230 Körbe
9 USC Bayreuth 8:28 Punkte - 169 Körbe
10 Eintracht Frankfurt 6:30 Punkte - 330 Körbe
Bundesliga / Endrunde (Alle Hauptrundenergebnisse wurden mitgenommen)
09.02. MTV 1846 Gießen - TuS Leverkusen
75:78 (45:38), Z.: 2.700
13.02. BSC Saturn Köln - MTV 1846 Gießen 80:85 (46:56)
23.02. MTV 1846 Gießen - SSC Göttingen 73:77 (39:46), Z.: 1.600
27.02. MTV Wolfenbüttel - MTV 1846 Gießen 80:69 (41:34)
01.03. MTV 1846 Gießen - SSV Hagen 87:66 (42:38)
08.03. TuS Leverkusen - MTV 1846 Gießen 89:75 (41:46)
12.03. MTV 1846 Gießen - BSC Saturn Köln 93:87 (47:47)
15.03. SSC Göttingen - MTV 1846 Gießen 80:78 (48:26)
18.03. MTV 1846 Gießen - MTV Wolfenbüttel 73:69 (34:45)
27.03. SSV Hagen - MTV 1846 Gießen 90:92 (49:46)
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Endrundentabelle:
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1 SSC Göttingen 48:8 Punkte + 229 Körbe
2 TuS 04 Leverkusen 44:12 Punkte + 363 Körbe
3 MTV 1846 Gießen 38:18 Punkte + 205 Körbe
4 BSC Saturn Köln 32:24 Punkte + 214 Körbe
5 MTV Wolfenbüttel 24:32 Punkte - 36 Körbe
6 SSV Hagen 20:36 Punkte - 36 Körbe
Deutscher Meister 1979/1980:
SSC Göttingen
Europapokal der Pokalsieger:
Obwohl man durch den in der Saison 1978/1979 errungenen Pokalsieg qualifiziert gewesen
wäre, entschieden sich die MTV-Bosse aus
"zeitlichen, finanziellen und sportlichen Gründen" (Zitat Heinz-Ewald Hirsch aus der Gießener
Allgemeinen Zeitung) dazu, in dieser Saison nicht im Europapokal anzutreten.
Deutscher Pokalwettbewerb:
2. Runde:
???
Viertelfinale
(02.02.80):
MTV 1846 Gießen - Eintracht Frankfurt 94:54 (42:22)
Halbfinale
(05.03.80):
Spvgg Ludwigsburg - MTV 1846 Gießen 72:103 (32:58)
Finale
(Hinspiel 26.03.80, Rückspiel 29.03.80):
BSC Saturn Köln - MTV 1846 Gießen 78:62 (35:34)
MTV 1846 Gießen - BSC Saturn Köln 70:68 (35:38), Z.: 2.000
Deutscher Pokalsieger 1979/1980:
BSC Saturn Köln