Mit Beginn der Saison 1966/67 wurde
in Deutschland eine neue Klasseneinteilung eingeführt. An die Stelle der
alten Oberligen Nord, West, Süd und Südwest trat nun eine in Nord und
Süd zweigeteilte Bundesliga mit jeweils zehn Vereinen. Durch diese Konzentration
der besten Mannschaften sollte das Niveau des deutschen Basketballs verbessert
werden.
Dem Start gingen jedoch einige Geburtswehen
voraus: Der Nord-Vertreter Alemannia Aachen fürchtete aufgrund der längeren
Auswärtsfahrten ein zu hohes finanzielles Risko und verzichtete kurzfristig
auf sein Teilnahmerecht. Dafür rückte der ASC Gelsenkirchen in die Nordgruppe
auf. Auch beim MTV 1846 sah man der Neueinteilung mit gemischten Gefühlen
entgegen - die Eintrittspreise bei den Heimspielen musste man ein wenig anheben.
Als Ausgleich bekamen die Zuschauer aber auch niveauvollere Paarungen zu sehen.
Die
Vorbereitungsperiode endete vielversprechend: In einem Freundschaftsspiel konnte
der tschechische Vizemeister NHKG Ostrava mit 73:71 besiegt werden.
In
der Meisterschaft kam es am zweiten Spieltag zum Aufeinandertreffen mit dem FC
Bayern München, der das einstige Gießener Basketballidol Ernie Butler
in seinen Reihen hatte. Vor dem Beginn der Partie gab es von Seiten der Zuschauer
große Ovationen für Butler, den die Geste des Publikums sichtlich bewegte.
Die Partie gewann der MTV letztlich sicher mit 82:67.
Keine
Chance hatten die Männerturner im Europapokal der Pokalsieger (da es in Deutschland
bis dahin keinen Pokalwettbewerb gegeben hatte, nahm man als Vizemeister der Vorsaison
teil), wo man dem polnischen Rekordmeister Wisla Krakau in der 2. Runde in beiden
Spielen deutlich unterlegen war (64:100, 77:104). In der 1. Runde hatten die Gießener
ein Freilos zugeteilt bekommen. Die Polen waren zu diesem Zeitpunkt einfach eine
Nummer zu groß für den MTV. Mit zehn (!) Nationalspielern traten sie
Anfang Januar in der mit 1.200 Besuchern vollbesetzten Doppelturnhalle an. Ein
Jahr zuvor war die Wisla-Truppe im Europacup der Landesmeister nur knapp an der
Überraschungsmannschaft AEK Athen gescheitert, die sich später auch
gegen das Weltklasseteam von Real Madrid durchsetzen konnte.
Im
nach Beendigung der Meisterschaft 1966/67 erstmals durchgeführten deutschen
Pokalwettbewerb überstanden die Männerturner zwar die erste Hauptrunde,
im Achtelfinale kam dann aber das Aus durch eine 73:75-Heimniederlage gegen den
USC Heidelberg.
Die Spiele der Saison:
Am
Ende der Saison sollte es für die 1846er in der Mannheimer Carl-Diem-Halle
zu einem im Großen und Ganzen ungefährdeten 85:73-Finalerfolg über
den VfL Osnabrück und damit zum Gewinn der 2. Deutschen Basketball-Meisterschaft
reichen, der Weg dahin war aber alles andere als einfach. Zu einem echten Hitchcock-Krimi
entwickelte sich die Saisonschlussphase in der Südgruppe der Bundesliga.
Nach der 56:60-Niederlage bei GW Frankfurt Anfang März wiesen die Gießener
24:4 Punkte auf. Damit hatte man in dem Kopf-an-Kopf-Rennen an der Spitze zwischen
dem USC Heidelberg (bis dahin 25:3) und GW Frankfurt (23:5) urplötzlich die
schlechtesten Karten, denn neben den verhältnismäßig einfachen
Heimaufgaben gegen 1860 München und den TV 46 Heidelberg warteten noch die
schweren Spiele bei Bayern München und vor allem beim USC Heidelberg
auf die Gießener. Nur der Tabellenerste und -zweite qualifizierte sich für
das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. Der USC war seinerzeit amtierender
Deutscher Meister und hatte in der Punktrunde seit vier Jahren kein Heimspiel
mehr verloren.
Am 18.03.1967 trat der MTV in
der Heidelberger Uni-Sporthalle jedoch im Stile eines Meisters auf. Nachdem bis
dahin einiges an Sand im Getriebe der Männerturner gewesen war, wusste man
sich gegen die mit erfahrenen Nationalspielern gespickten Heidelberger nach einem
1:8-Fehlstart im rechten Moment zu steigern. Nationalcenter Urmitzer war bei Bernd
Röder und Klaus Jungnickel in besten Händen, Dr. Langhoff kam gegen Jochen Glock nicht
zur Geltung und der ansonsten fleißig punktende US-Boy in Diensten des USC,
Ware, wurde von Holger Geschwindner völlig kaltgestellt und erzielte keinen einzigen Korb (!).
Auf der anderen Seite ließen Geschwindner und Wucherer die USC-Nationalcentergarde unter den Brettern immer wieder wie Anfänger aussehen. Dazu rissen Jungnickel und Kienast die USC-Deckung mit ihrer hohen Treffsicherheit von den Außenpositionen auf. Am Ende stand ein triumphaler und enorm wichtiger 76:64-Auswärtserfolg
zu Buche, der den Gießenern nun wieder alle Chancen auf das Erreichen des
DM-Halbfinales gab.
Ein möglicher Stolperstein
wartete jedoch noch mit dem Auswärtsspiel in München auf den MTV. Zumal
die Mittelhessen mit der ihrer Ansicht nach "skandalösen" Ansetzung
der Partie überhaupt nicht einverstanden waren. Klassenleiter Wildermuth
(der pikanterweise von GW Frankfurt war, einem direkten Konkurrenten des MTV im
Kampf um die Endrundenteilnahme) hatte das Nachholspiel gegen den Willen der Gießener,
die sich keine Niederlage mehr erlauben durften, auf Freitag, den 31. März
terminiert. Nur 24 Stunden später mussten die Röder und Co. zu Hause
zu ihrem letzten Rundenspiel gegen den TV 46 Heidelberg antreten. Alle Proteste
waren vergeblich. Mit einer "Jetzt erst recht!" Einstellung fuhren die
Männerturner gen Bayern. Und dort entwickelte sich eine hochdramatische Partie.
Gottseidank mit einem Happy End für die Gäste: Beim Stande von 51:52
gegen den MTV erzielte Jochen
Wucherer sechs Sekunden vor dem Ende den entscheidenden Korb zum 53:52-Sieg.
Nach der langen Heimreise ließen die Gießener beim 85:51 gegen den
TV Heidelberg nichts mehr anbrennen.
Bundesliga
Gruppe Süd / Hauptrunde (zehn Teams, die besten Zwei erreichten das Halbfinale;
Heimspielort: Doppelturnhalle der Liebigschule):
02.10.66 Schwaben
Augsburg - MTV 1846 Gießen 63:79 (27:39)
08.10.66 MTV 1846 Gießen
- Bayern München 82:67 (38:28)
15.10.66 MTV 1846 Gießen - SV Möhringen-Stuttgart
72:61 (30:26)
23.10.66 Schwabing München - MTV 1846 Gießen 55:83
(22:41)
05.11.66 MTV 1846 Gießen - BC Darmstadt 94:43 (40:20)
19.11.66
1860 München - MTV 1846 Gießen 63:62 (24:25)
10.12.66 MTV 1846
Gießen - GW Frankfurt 89:78 (46:37)
20.12.66 MTV 1846 Gießen -
USC Heidelberg 94:80 (52:43)
07.01.67 TV 46 Heidelberg - MTV 1846 Gießen
59:70 (24:32)
14.01.67 MTV 1846 Gießen - Schwaben Augsburg 80:73 (39:39)
05.02.67 SV Möhringen-Stuttgart - MTV 1846 Gießen 67:71 (40:28)
11.02.67 MTV 1846 Gießen - Schwabing München 87:44 (40:20)
18.02.67
BC Darmstadt - MTV 1846 Gießen 76:85 (32:42)
05.03.67 GW Frankfurt -
MTV 1846 Gießen 60:56 (30:30)
11.03.67 MTV 1846 Gießen - 1860
München 66:58 (47:35)
18.03.67 USC Heidelberg - MTV 1846 Gießen
64:76 (26:34)
31.03.67 Bayern München - MTV 1846 Gießen 52:53 (24:20)
01.04.67 MTV 1846 Gießen - TV 46 Heidelberg 85:51 (39:20)
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Abschlusstabelle:
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1 MTV 1846 Gießen 32:4 Punkte + 270 Körbe
2 GW Frankfurt
31:5 Punkte + 348 Körbe
3 USC Heidelberg 31:5 Punkte + 320 Körbe
4
FC Bayern München 21:15 Punkte + 49 Körbe
5 FC Schwaben Augsburg
16:20 Punkte - 64 Körbe
6 TSV 1860 München 14:22 Punkte - 57 Körbe
7
TV 46 Heidelberg 13:23 Punkte - 129 Körbe
8 BC Darmstadt 12:24 Punkte - 259
Körbe
9 MTSV Schwabing München 6:30 Punkte - 285 Körbe
10 SV Möhringen-Stuttgart
4:32 Punkte - 193 Körbe
Halbfinale
um die Deutsche Meisterschaft:
15.04.67 MTV 1846 Gießen (1.
Süd) - SSV Hagen (2. Nord/Hin) 73:63 (38:20)
22.04.67 SSV Hagen - MTV
1846 Gießen (Rück) 95:90 (42:46)
Finale
um die Deutsche Meisterschaft (Carl-Diem-Halle in Mannheim, 1.400 Zuschauer, Schiedsrichter:
Bestgen/Heinzelmann):
01.05.67 MTV 1846 Gießen - VfL Osnabrück
85:73 (38:29)
Punkteverteilung MTV 1846: Jungnickel
24, Geschwindner
25, Wucherer
21, Kienast
13, Röder
2, Ross, Jörg, Dort, Heindel, Glock.
Deutscher Meister 1966/1967: MTV 1846
Gießen
Europapokal der
Pokalsieger:
1. Runde:
Freilos
2. Runde:
19.01.67 Wisla
Krakau - MTV 1846 Gießen 100:64 (55:29), 1.600 Zuschauer
10.01.67 MTV
1846 Gießen - Wisla Krakau 77:104 (37:52), 1.200 Zuschauer
Deutscher
Pokalwettbewerb:
1. Runde (13.05.67): Eintr. Frankfurt (Oberliga)
- MTV 1846 Gießen 82:89 (35:42)
Achtelfinale (20.05.67): MTV 1846 Gießen
- USC Heidelberg 73:75 (32:36)
Deutscher Pokalsieger 1966/1967: VfL
Osnabrück