Zweitligist büßt acht Zähler ein
DFL straft die TuS mit Punktabzug ab
Koblenz - Das ist happig! Die Deutsche Fußball Liga hat TuS Koblenz wegen Verstößen gegen die Ligastatuten mit einem Punktabzug von acht Zählern belegt – und damit dem Abstiegskampf eine ungeahnte Wendung verliehen.
Kleine Ursache, große Wirkung! Zwei vorenthaltene Transferverträge sind für die Deutsche Fußball Liga (DEL) Grund genug, den Fußball-Zweitligisten TuS Koblenz wieder um den Klassenverbleib bangen zu lassen. Wegen "Verstößen gegen die Lizenzierungsordnung", so die Begründung der DFL, wird die TuS für die laufende Spielzeit mit einem Punktabzug von acht Zählern belegt. Damit blieb die DFL nur einen Punkt unter dem in den Statuten vorgesehenem Höchstmaß. Einen derart gravierenden Punktabzug hat es in der Geschichte des Profifußballs zudem noch nicht gegeben. Damit rutscht die Mannschaft von Trainer Uwe Rapolder mit nunmehr 32 Zählern bedrohlich nah an die Abstiegszone heran.
Die Entscheidung muss nun auf ihre Rechtskräftigkeit hin überprüft werden. Es gibt noch zwei weitere Instanzen Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings steht fest: Die nach dem 3:2-Sieg gegen den SC Freiburg spontan von der Mannschaft organisierte Nicht-Abstiegsfeier kam verfrüht.
Wut und Trotz
Lähmendes Entsetzen allerdings ruft das DFL-Strafmaß bei Verantwortlichen und Spielern nicht hervor. Vielmehr bestimmen Wut und Trotz die Gefühlslage. "Es ist mir unbegreiflich, warum die DFL wegen eines vergleichsweise geringen Verstoßes gegen die Ligastatuten ein solch hartes Urteil gesprochen hat", sagte der TuS-Aufsichtsrats-Vorsitzende Walterpeter Twer. "Trotzdem bin ich sicher, dass wir die Situation auch sportlich meistern. Wir werden zum guten Schluss mit dem Abstieg nichts zu tun haben und in der Tabelle noch vor dem 1. FC Kaiserslautern landen."
Trainer Uwe Rapolder bezeichnete seinen Gemütszustand als "hoch motiviert", auch wenn der Fußball-Lehrer zugeben musste, noch nie in einer "so kritischen Situation" gestanden zu haben. "Acht Punkte sind natürlich ein Erdrutsch. Das ist schon außergewöhnlich. Aber wir werden das sportlich schaffen - und wirtschaftlich sowieso."
Geschäftsführer Wolfgang Loos schlug in dieselbe Kerbe. "Wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln." Auch Routinier Fatmir Vata wollte nicht groß lamentieren, sondern hielt realistisch und kämpferisch zugleich fest: "Das sind jetzt alles Endspiele für uns."
Schlüsselrolle liegt beim Ex-Geschäftsführer
Was aber hat die DFL so verärgert, dass sie zu einem solch hohen Straßmaß greift? Es handelt sich um die Transferverträge der Spieler Marko Lomic und Branimir Bajic. Eine Schlüsselrolle bei den von der Ligaführung monierten Verstößen spielt der einstige TuS-Geschäftsführer Hermann Gläsner. Der hatte der DFL zu Beginn dieser Saison, wie üblich und gefordert, unter anderem die Verträge mit besagten Spielern vorgelegt. Die Vereine sind angehalten, gegenüber der Ligaführung Transferausgaben und -Einnahmen zu dokumentieren. Diese Zahlen sind Teil der Gewinn- und Verlustrechnung.
Im September reiste Gläsner dann aber noch einmal nach Belgrad. Bei Nachverhandlungen zeichnete der damalige Geschäftsführer neue Verträge, die dem abgebenden Verein, in dem Fall Partizan Belgrad, höhere Transferzahlungen zusicherten. Im Falle von Lomic betrug die nachträglich vereinbarte Transfer-Entschädigungssumme 1,5 Millionen Euro. Und das, obwohl die Spieler schon lange die Spielgenehmigung für TuS Koblenz erhalten hatten und der Transfer längst abgewickelt war.
Diese neuen Verträge freilich enthielt Gläsner der DFL vor. Und nicht nur das. Gläsner operierte auf eigene Faust und am Verein vorbei. Deshalb hält Twer jetzt fest: "Nicht nur die DFL, auch der Aufsichtsrat, Spieler und Fans sind getäuscht worden." Was die TuS auch der DFL versucht hat klarzumachen – mit (vorerst) geringem Erfolg. Twer hat angekündigt, seinen ehemaligen Geschäftsführer unter anderem auf Schadens?ersatz zu verklagen.
Rechtsanwalt eingeschaltet
Erst nach Gläsners fristloser Kündigung Ende des vergangenen Jahres wurden die Verträge von dessen Nachfolger im Amt, Rüdiger Sterzenbach, entdeckt. Mit Hilfe des Aufsichtsrates und Sponsoren wurde die zu dem Zeitpunkt entstandene Liquiditätslücke geschlossen. "Niemandem ist also ein Schaden entstanden – außer der TuS. Um so mehr erstaunt das ungewöhnlich hohe Strafmaß im Vergleich zu dem, was bei anderen Verein schon passiert ist oder noch passiert", wundert sich Twer.
Die TuS hat nun den renommierten und in Lizenzfragen versierten Rechtsanwalt Christoph Schickhardt eingeschaltet. Der Jurist hat in der Vergangenheit unter anderem Hertha BSC Berlin, dem VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt in harten Auseinandersetzungen die Lizenz erstritten. Seine Einschätzung zum Strafmaß der DFL in Sachen TuS bringt Schickhardt deutlich zum Ausdruck: "Diese Entscheidung lässt jedes vernünftige Maß vermissen. Sie ist nicht haltbar und wird keinen Bestand haben." Nicht allein deshalb ist durchaus mit einer zweiten Nicht-Abstiegsfeier bei TuS Koblenz zu rechnen.
Klaus Reimann
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http://rhein-zeitung.de/on/08/04/24/spo ... kte-1.html
Donnerstag, 24. April 2008, 18:11 © RZ-Online (aj)