Bundesliga - Neururer: "Fußballer haben gedopt"
Eurosport - Mi 13.Jun. 13:01:00 2007
Bundesliga - Es ist erschreckend: In der Bundesliga wurde offenbar schon Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre flächendeckend gedopt. Peter Neururer, damals Trainer beim Zweitligisten Schalke 04, spricht in der Sport-Bild erstmals offen über das Tabu-Thema. "Es wurde Captagon genommen", sagt der 52-Jährige.
Captagon zählt zu den Aufputschmitteln und steht auf der Doping-Liste. "Viele Spieler waren verrückt danach", ergänzt der Coach, der derzeit auf Jobsuche ist. Einmal in Fahrt, sprudelte es nur so aus ihm heraus: "Das war gang und gäbe im Fußball. Das war überall bekannt und wurde praktiziert. Bis zu 50 Prozent haben das konsumiert. Nicht nur in der 2. Liga", verrät Neururer.
Er habe Spielern den Konsum von Captagon angesehen, behauptete der Coach. "Die Augen stehen anders. Der Spieler wird nicht mehr müde und neigt auf dem Platz zu Überreaktionen. Das war ein kompletter Wahnsinn, der da gemacht wurde." Namen nannte er allerdings keine. Aber sogar Ex-Nationalspieler seien darunter gewesen.
Steckt der Profi-Fußball also genauso tief im "Sumpf" wie der Radsport? Neururer bestätigt das. "Es gab auch andere Mittel: Ephedrine, die auch von Radfahrern geschluckt werden - das sind die Asthmamittel. Plötzlich hatte jeder Asthma, um das nehmen zu dürfen", erinnert er sich.
Matthias Herget, der nach 39 Länderspielen seine Karriere bei den Königsblauen beendete, bestritt auf Anfrage die Einnahme unerlaubter Mittel. "Ich habe immer aus normaler Kraft meine Leistung gebracht, mal besser, mal schlechter", sagte der 51-Jährige, der für den VfL Bochum und Bayer Uerdingen 237 Bundesligaspiele und für Rot-Weiß Essen, Uerdingen und Schalke 196 Partien in der zweiten Liga absolvierte: "Ich habe nie solche Mittel genommen und auch nicht mitbekommen, dass es andere machten."
Bislang verzeichnete der deutsche Fußball kaum Doping-Fälle. Seit 1988 werden regelmäßig Kontrollen durchgeführt. Nach jeder Begegnung werden zwei Spieler pro Mannschaft ausgelost, die eine Urinprobe abgeben müssen. Im Netz der Fahnder landeten lediglich "kleine Fische". Wie beispielsweise Nemanja Vucicevic (1860 München). Der Serbe war 2005 positiv auf Finasterid getestet worden. Das Präparat war in einem Haarwuchsmittel enthalten, das er ohne Absprache mit dem Verein einnahm. Er bekam dafür sechs Monate Sperre.
Ob Peter Neururer mit seinen Aussagen eine Geständnis-Lawine ausgelöst hat, bleibt abzuwarten. Für einen Schock dürfte er jedoch in jedem Fall gesorgt haben. Dass heutzutage im Fußball noch flächendeckend gedopt wird, hat aber zumindest Nationalkeeper Jens Lehmann, einst selbst Akteur unter Peter Neururer bei Schalke, in einem Interview nahezu ausgeschlossen. "Als ich angefangen habe, da habe ich so etwas gehört. Heute habe ich keinen mehr erlebt", sagt er.
Eurosport - Daniel Rathjen
so wie der Neururer guckt, ist der jeden Tag gedopt