Unwort des Jahres für 46ers-FansDie Gesellschaft für Fikkwixxsprache (GfF) präsentiert in diesem Jahr zum ersten Mal die Kür zum Unwort des Jahres. Nachfolgend möchten wir die Nominierungen mit einigen Worten umreißen, deren Kontext in Erinnerung rufen und somit die individuelle Auswahl bei der Abstimmung vereinfachen.
gebündelte Synergien:In den Meetings und Konferenzsälen rund um den Globus spielen geknechtete Angestellte Bullshit-Bingo, um den zur Hülse verkommenen Phrasen des Managements mit Humor zu begegnen. Ein besonders beliebter Vertreter ist das Wort Synergie. Dabei beschreibt der Ausdruck nur den gegenseitigen Nutzen, der – wie es Aristoteles bereits auf den Punkt brachte – dazu führt, dass das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist. Aus einem rationalen Gesichtspunkt wäre dies auch für die 46ers von Vorteil. BBLZ und Juniors unter einem Hut, die Ostschule mit im Boot, Marketingaktionen mit bereits bestehenden Sponsoren: Gab es schon alles, gab es besonders in dieser Saison und ist an sich nicht unwünschenswert. Was dem geneigten Fan jedoch negativ aufstieß, war die verklausulierte Sprache. Markiert wird diese u.a. durch die kollokative Verbindung mit dem Verb bündeln. Gemeint ist die metaphorische Zweitverwendung, bei der nicht mehr Gegenstände zusammengefasst werden, sondern virtuelle Möglichkeiten. (1. Er bündelt Heu. / 2. Er bündelt Synergien.)
Anzeigetafel:Die Gießener Anzeigetafel ist Teil einer langen Ahnenreihe technischer, logistischer und baulicher Mängel in und um der/die Sporthalle Ost. Verschiedene Geldstrafen waren die Konsequenz aus einer nicht-funktionstüchtigen Anzeigetafel. Das ist einerseits bitter und frustrierend, charakterisiert andererseits aber den Charme der Sporthalle Ost, in der es bei Regen von der Decke tropfte und in der die Einlassbeamer mehr als einmal nicht ihren Dienst verrichten wollten. Das Wort steht stellvertretend für diese Ambiguität aus Unvermögen und rustikaler Holdseligkeit.
Mosaikstein umdrehen:Es ist noch nicht lange her, dennoch zur Erinnerung: Im Kontext der Insolvenz sprach Schelberg davon, den ein oder anderen Mosaikstein umdrehen zu wollen, um zu einer Lösung zu gelangen. Sprachlich ist die Wendung sehr interessant, da es sich um eine Kontamination von einer Redensart und einer metaphorischen Wortverwendung im Drittsinn handelt: „jeden Stein umdrehen“ und „Mosaikstein“. Hätte Schelberg die herkömmliche Redensart gewählt und nur von Steinen gesprochen, die er umdrehen wolle, niemand hätte daran Erregung gefunden. Durch die Spezifikation wird der Ausdruck jedoch auffällig. Als Mosaik bezeichnet man im Erstsinn Gemälde, die aus verschieden geformten Einzelteilen bestehen. In einem Zweitsinn bezeichnet der Ausdruck die Bruchstücke selbst, etwa bei Ausgrabungen. Doch durch Schelberg kontaminiert die Wendung mit Zweitbezeichnung und Redensart. Sprachlich vielleicht die schönste Wendung des Jahres.
Feuer/Wasser/Wind/Erde:Gemeint ist die damit einhergehende Marketingaktion der 46ers. Durch eine Anknüpfung an die Grundelemente sollte die Marke in all ihrer schnöden Rohheit als unberechenbar, gefährlich und anarchisch wahrgenommen werden. Die Trikotnummern wurden etwa so gestaltet, als seien sie im Begriff abzublättern. Eine sachlich betrachtet gar nicht so furchtbar schlechte Idee, die jedoch an zwei Punkten krankte. Erstens: Die Rohheit einer Marke anzusprechen unterläuft die dadurch hervorgehobene Authentizität. Zweitens: Die frappierende Ähnlichkeit zum Intro einer US-amerikanischen Cartoon-Serie der 90er Jahre. (
https://www.youtube.com/watch?v=lYBblsw0rcI) Nur die Kraft der Liebe fehlt. Schade eigentlich.
Captain Planet:Basierend auf dem eben Beschriebenen entwickelte sich der Spitzname für Schelberg. Sinnbild der auch in größter Not wirkenden Kreativkräfte bei den Fans der Gießen 46ers!
Wildcard:Versteht sich inhaltlich von selbst. Sprachlich handelt es sich um eine angelsächsische Entlehnung, die früher am ehesten als Freilos durchgegangen wäre. Die nicht durch sportliche Qualifikation gedeckte Teilnahme an einem Wettbewerb ist seit Jahrzehnten in verschiedenen Sportarten Usus. Zum Unwort des Jahres wird der Ausdruck dadurch qualifiziert, dass der Term mittlerweile als Synonym für Gießen wahrgenommen wird. Wer die Marke auf der einen Seite durch Elemente stärken möchte, sollte sie nicht gleichzeitig der Lächerlichkeit durch überregionale Berichterstattungen wie der folgenden preisgeben:
http://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-s ... 05704.htmlDer Artikel befindet dich übrigens auf der ersten Seite, wenn man bei Google nach „Wildcard“ sucht.
richtiger Weg:Wir sind laut Schelberg auf dem richtigen Weg. Zudem – so wird aus dem Parteibüro verlautbart – habe niemand die Absicht, eine Mauer zu errichten. Wir dürfen gespannt bleiben, wo der richtige Weg endet. Sprachlich ein gutes Beispiel für hohle Phrasen, die zwar durchaus gut gemeint sein können, vor dem Hintergrund der Realität jedoch wie ein Projektil auf den verantwortlichen Drescher zurückschnellen.
einmalige Stimmung:Einen einmaligen Aussetzer erlaubte sich Ex-Headcoach Björn Harmsen, als er die Stimmung in Hagen beim Abstiegsspiel seiner Mannschaft als „einmalig“ charakterisierte. Damit meinte er ausdrücklich beide Seiten. Jedoch war nach dem Spiel keinem Fanlager danach zumute, Stimmungsanalysen vorzunehmen.
Jeffers-Nachfolger:Taj McCullough und Misan Haldin wurden vorsorglich entlassen, da der Nachfolger des langzeitig verletzten Jeffers schon an den Türen der 46ers scharrte. Zumindest hatte dies den Anschein. Tatsächlich standen die 46ers am Ende des vergangenen Februars plötzlich ohne einen einzigen Small Forward dar. Die Nachverpflichtungsfrist war abgelaufen, bevor alle Modalitäten geklärt waren. Insgesamt eine Rochade, die gehörig daneben ging.
AufbruchDie Entscheidung wird in diesem Jahr nicht leicht fallen. Umso gespannter wartet die Gesellschaft für Fikkwixxsprache auf das Quorum des Forums. Viel Vergnügen.
PS: Knapp an den Vorauswahlen gescheitert sind übrigens die Begriffe Handtasche, Kreditlinien und (Harmens) Vertragsverlängerung.